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Vegan sein ist nicht schwer, davon bin ich mittlerweile überzeugt!
Doch es gibt einige Faktoren, die es einem bestimmt "schwerer" machen als es ist. Ganz gross zähle ich da dazu, mit jemandem zusammenzuwohnen, der sich omnivor ernährt (und mit dem man auch gemeinsam isst). Grundsätzlich ist das kein Problem und es funktioniert auch gut. Doch die Einstellung der anderen Person spielt dabei eine grosse Rolle.
Bei mir ist das so, ich wohne mit meiner Schwester und meiner Mutter in einem Haushalt. Um die Fakten zu nennen, ich esse unter der Woche mittags nie zu Hause, das aber schon seit etwa zwei Jahren. Abends unter der Woche gibt es bei uns eher selten etwas Warmes. Am Wochenende kochen wir zusammen, oft koche ich auch alleine (das war aber auch schon vor meiner Umstellung so). Die Menüs sprechen wir miteinander ab.
Ich möchte niemanden anklagen oder beschuldigen. Doch manchmal nervt es mich echt wie meine Mutter eingestellt ist gegenüber neuem, anderem. Anfangs hat sie so toll reagiert, ich war mehr als erstaunt. Mittlerweile müssen wir uns Lösungen suchen um nicht bei jedem Mal einkaufen aneinander zu geraten. Das hauptsächlich dadurch, dass sie findet ich nehme ihr den Spass am Kochen (den sie nie wirklich hatte, sie ist mehr der Back-Typ). Ihre Begründungen lauten dann unter anderem, dass es sich nun oft nicht mehr lohnt Sachen zu kaufen (Fleisch, Fisch usw.) weil "nur" noch zwei Personen davon essen auch mit dem Argument, dass es teurer sei kleinere Packungen zu kaufen. Ich sehe nicht ein wo da der grosse Unterschied liegen soll bei einer Reduktion von drei auf zwei Personen, ausserdem rate ich ihr dann jeweils halt einen Teil einzufrieren oder eine grosse Portion zu kochen und zweimal davon zu essen. Das sind natürlich alles schlechte Lösungen, wenn es nach ihr geht. Auch kommt dann das Argument, es lohnt sich ja nicht nur für zwei Personen zu kochen, das solltest du ja verstehen so grün wie du sein möchtest. Klar, ich mache mir Gedanken um die Umwelt trage meine Stoffbeutel durch die Gegend (und werde dafür komisch angeschaut, das ist mir aber egal) doch nur beim Fleischmenü mitessen, weils anscheinend ökologisch sinnvoller wäre - No Way!(Ausserdem wäre es das natürlich nicht!) Die Assoziation Veganerin - Naturmensch, total ökologisches Denken, nervt mich auch. Ich musste mir schon anhören, dass ich als Veganerin ja auch nicht Motorroller fahren sollte, das schade der Umwelt (aber das ist nochmal ein anderes Thema). Dann sagt sie mir oft, dass sie so viele Gerichte vermisst. Beim Nachfragen welche denn (weil ich diese gerne veganisieren möchte bsp.) kommt die Antwort, ach das kann ich jetzt gar nicht alles aufzählen. Na schönen Dank auch, wenn ich etwas vermisse kann ich das sehr wohl beim Namen nennen.
Meine Beteuerungen, dass meine neue Einstellung keineswegs eine Kritik an meiner Erziehung sei, wimmelt sie ab mit: "Klar sind sie das, daran kannst du auch nichts ändern, egal was du sagst."
Wenn ich versuche, Gerichte die sie gerne macht (bsp. Früchtewähe) zu veganisieren, was ja wirklich nicht schwer ist und was der Qualität des Gerichts keinen Abbruch tut (auch meine Schwester ist dieser Meinung), ist es sowieso schon von Anfang an "anders"(was dann schnell mit "nicht so gut wie das Original" abgetan wird). Weil es ja anders ist, also muss da ja etwas nicht stimmen. Der vegane Zopf wird kritisiert, der einzige "wesentliche" Unterschied bei der Entstehung ist das Bestreichen mit Agavendicksaft (auch so etwas, was sofort als "dummer Veganerfrass" abgestempelt wird, böse gesagt) und der schmeckt wirklich lecker (was wiederum nicht nur ich finde sondern auch meine Oma, bsp.)
Obwohl ich weiss, dass meine Entscheidung die für mich einzig richtige ist, macht mir das oft ein schlechtes Gewissen. Denn ich sehe es als eine persönliche Entscheidung an und es nervt mich natürlich da andere mit reinzuziehen. Aber noch mehr nervt es mich, wenn etwas Neues, Anderes von Anfang an als schlecht angesehen wird, im gleichen Atemzug wird dann aber Person XY kritisiert, weil sie nicht offen für Neues ist.
Alles mehr als gegensätzlich. Manchmal denke ich, dass diese strikte Abwehrreaktion und das Abblocken aus Trotz, könnte man sagen, kommt.
Ich habe diesen Text vor einiger Zeit geschrieben, möchte ihn aber trotzdem veröffentlichen. Es ist spannend wie es anderen ergeht (für mich jedenfalls).
Mittlerweile komme ich beim Einkaufen nicht mehr so in Konflikt mit Mama, aber Diskussionen gibt es immer mal wieder. So ist das wohl. :)
Ich möchte die Reihe "Familie" noch komplettieren, mit einigen anderen Ereignissen (sind längst nicht alle).
Mein Patenonkel bringt mich jeweils zum Schmunzeln, laut ihm habe ich eine "Mondanbeterphase", meine Entscheidung vegan zu sein, sieht er nicht als dauerhaft an und redet immer davon: "..wenn du dann wieder normal isst." (Kannste lange warten)
Ein anderer Onkel, mit dem wir mal gegrillt haben hat das typische Argument gebracht Soja sei ja immer genmanipuliert. Ich erklärte ihm, dass mein Tofu (Chili-Tofuspiesschen mjam) aus biologischer Landwirtschaft und garantiert nicht genmanipuliert sei und die Sojabohnen aus Österreich, wohingegen sein Fleisch wahrscheinlich eine rechte Menge an Soja aus Südamerika verdrücken musste weil das günstiger ist und ich denke, dass es wahrscheinlicher sei, dass dieses genmanipuliert wurde. Er war dann komischerweise recht schnell ruhig. ;)
Meine Oma war bei uns eingeladen und ich kochte Curry für alle. Da sie sich Pouletcurry gewünscht hat habe ich zuerst die Sauce zubereitet, das Curry dann schmerzlich voneinander getrennt und in die eine Seite kam angebratener Tofu (falls das so aussieht, also ob ich nur Tofu esse, das stimmt nicht). Beim Essen hat sie dann vom Tofu-Curry nachgeschöpft und mehrmals beteuert wie gut das schmeckt. Oma<3
Meine Schwester betont jeweils, dass es ihr nichts ausmacht vegan zu essen (was auch so ist). Tofu findet sie toll, auch den No-Muh Chäs. Selbst ist sie jedoch "noch nicht soweit" den Schritt Richtung Vegetarierin oder Veganerin zu gehen. Früher oder später, denke ich wird sie noch drauf kommen. Sie ist "erst" 15 Jahre alt und kennt die Gruselbilder nicht rund um Schlachtung, Milchproduktion oder Hühnerhaltung. Ausserdem ist sie mehr auf der Schiene, was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss. Ich finde man muss selbst den Willen haben sich zu informieren, ausserdem wäre wohl die Hölle los bei uns zuhause, wenn plötzlich zwei Veganerinnen mit von der Partie wären. (Das würde ich jedoch zu gerne erleben :D)
Die wohl knappste Reaktion kam vom Vatertier höchstpersönlich, als wir auswärts essen waren. Ich erwähnte beiläufig, dass ich keine tierischen Produkte mehr esse. Er meinte daraufhin, das geht doch gar nicht (recht dreist wenn man bedenkt, dass ein lebendes Beispiel vor ihm sass ;D). Nach meiner kurzen Erklärung war das Thema dann beendet. Beim zweiten Mal, als wir alle gemeinsam gegrillt haben war schon mehr Interesse da. Und er merkte, dass es sehr wohl möglich ist, da wir gemeinsam gegessen haben und fast alles vegan war (bis aufs Grillfleisch für die anderen). Es gab Pizzaschnecken, Gemüse aus dem Ofen, Dipsauce aus Sauerrahmalternative und für mich eine Vegi-Wurst.
Mehr oder weniger abwechslungsreiche, vielfältige Reaktionen. Meiner Ansicht nach viel zu wenig Interesse, könnte vielleicht daran liegen, dass man insgeheim weiss, dass vegan wohl das einzig ethisch vertretbare wäre? (Oder ich bin ein schrecklicher Gesprächspartner) ;)
Ich bin sehr gespannt wie nächste Weihnachten ablaufen wird, Oma2 und der Verwandtschaftsclan wissen noch nichts von der Umstellung. Mal schauen ob ich überhaupt anwesend sein werde...
So das waren einige meiner Erlebnisse. :)